Über das Langsam Laufen
An meine ersten langsamen Läufe im Trainingsprogramm kann ich mich noch gut erinnern: Es war mehr ein schnelles Gehen, den Blick immer auf der Pulsuhr, den Kopf gesenkt, das mich ja keiner auf der Hauptallee erkennt. Peinlich, so langsam zu laufen. Besonders, wenn dann die schnatternde Damen-Walking-Truppe von hinten kommt und mich überholt. Dabei kann ich eh schneller. Ich darf nur nicht. Damals habe ich mir ernsthaft überlegt, folgendes T-Shirt zu kaufen:
Rede ich heute mit Läufern, die „nur zum Spaß“ laufen und sich mit Trainingsprogrammen nicht wirklich beschäftigt haben, ist für die meisten Langsam Laufen einfach nur blöd. „Warum soll ich langsam laufen, das bringt ja nichts….“
Laufen ist – besonders bei Anfängern – immer verbunden mit Schwitzen, Atemnot und Anstrengung. Was dann bei vielen Laufanfängern dazu führt, das die dann irgendwann aufhören zu Laufen.
Aber auch erfahrene Läufer glauben oft, das Langsam Laufen nichts bringt –„Weil ich mich ja nicht anstrenge“
Beschäftigt man sich aber auch nur ein wenig mit Trainingsplänen, trifft man auf Begriffe wie Grundlagenausdauer, A1 und Ähnliches. Und erkennt, das schnell laufen wichtig ist, aber für jeden etwas längeren Lauf die Grundlagenausdauer fast noch wichtiger ist.
Und ich kann nach vielen Jahren des begleitenden Laufens nur einen Tipp von ganzen Herzen geben:
Mach 1 x in der Woche einen langsamen, langen Lauf.
Langsam bedeutet, das Du in einem Tempo läufst, das nicht anstrengend ist. Wo Du dich sehr bequem noch unterhalten kannst. Wo Du nur wenig schwitzt. Langsam einfach.
Lange bedeutet, länger als sonst. Lange bedeutet mindestens 1,5 Stunden.
Am Anfang fühlt sich das blöd an (siehe oben). Echt blöd. Besonders, wenn man das Tempo mittels Pulsuhr kontrolliert und vorher seine Leistungsbereiche mittels Laktat-Test festgelegt hat.
Aber vertraue mir: Das wird relativ rasch besser.
Und bei mir war es nach einiger Zeit so, das ich bei meinen langen Läufen (die dann 2-3 Stunden gedauert haben) bald das Gefühl bekommen habe, ewig weiterlaufen zu können.
Heute ist es so, das mich Tempo überhaupt nicht mehr interessiert. Ich gehe (derzeit) 1 x in der Woche laufen und das ist immer ein langer, langsamer Lauf (gut, ich baue mittlerweile immer auch Berge dazu ein) Und 3-4 Stunden Läufe sind ein Vergnügen, eine Freude, ein wahres Erlebnis. Irgendwann nach 30-45 Minuten spürt man deutlich, wie der Körper den „Treibstoff“ umstellt und mit der Fettverbrennung läuft und ab da ist das Gefühl da, monatelang laufen zu können.
Und wenn ich jetzt schon die eine oder andere Stimme höre: „aber ich laufe eh schon so langsam“ – mein Frage: Kannst Du reden beim Laufen ? Strengt es Dich an ? Schwitzt Du ? bist Du außer Atem ? Dann ist es egal, wie schnell oder langsam Du bist, Du bist zu schnell…
Pulsuhr kaufen, Maximalpuls austesten/ausrechnen oder besser Laktat-test machen und im Grundlagenbereich laufen. Im Notfall schnell gehen….
(Und weil ich jetzt die anderen Stimmen höre, die sagen: „Du brauchst keine Pulsuhr – höre auf deinen Körper“ – völlig richtig. Ich laufe heute auch ohne Pulsuhr, ich höre auch auf meinen Körper. ABER: Für mich war die Zeit der „strengen“ Trainingspläne, die Zeit der Konzentration auf Puls und Geschwindigkeit, die Zeit des Messens und die Zeit der technischen Geräte eine sehr wichtige Zeit. In dieser Zeit habe ich gelernt, wie meine Körper reagiert, wie meine Leistungsstufen aussehen, wie ich laufen muss/darf/kann. Irgendwann wird die Technik überflüssig, irgendwann hat man das im Gefühl. Aber zum Lernen hilft es extrem. (So wie mir heute meine Laufuhr sehr hilft beim Erlernen und perfektionieren meiner Lauftechnik. Ich sehe die Schrittfrequenz, Bodenkontaktzeit, Schrittlänge und vertikale Bewegung. In ein paar Monaten/Jahren brauche ich dazu sicher keine Uhr mehr. Heute hilft es…)
Viel Spaß beim Langsam Laufen !
Schöner Artikel und so richtig in seiner Aussage. Vielen Dank dafür